Lebensmittelhygiene

Allgemein:

Hygiene muss von der Erzeugung der Rohstoffe für Lebensmittel bis zur Abgabe an Endverbraucher herrschen („from farm to fork“).

In Deutschland fordert die Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und das Futtermittelgesetzbuch gehörige Lebensmittelhygieneverordnung VO(EG)852/2004 die Anwendung eines HACCP-Systems.

Allgemeine Vorschriften und spezifische Vorschriften

Die Lebensmittelunternehmer tragen dafür Sorge, dass auf allen Stufen ihrer Verantwortung, einschließlich der Primärproduktion (= die Gewinnung pflanzlicher und tierischer Primärerzeugnisse einschließlich Ernte, Jagd, Fischfang, Melken sowie sämtlicher Stufen der tierischen Erzeugung vor dem Schlachten) und des Angebots der Lebensmittel zum Verkauf oder zur Abgabe an den Endverbraucher, gewährleistet ist, dass die Arbeitsprozesse unter hygienisch einwandfreien Bedingungen im Sinne dieser Verordnung ablaufen.

Lebensmittelunternehmer, die nicht in der Primärproduktion tätig sind, müssen die allgemeinen Hygienevorschriften gemäß Anhang II erfüllen. Dieser Anhang umfasst Vorschriften für:

  • Betriebsstätten im Allgemeinen, einschließlich Anlagen im Freien;
  • die Transportbedingungen;
  • Ausrüstungen;
  • Lebensmittelabfälle;
  • die Wasserversorgung;
  • die Hygiene von Personen, die mit Lebensmitteln in Berührung kommen;
  • die Lebensmittel selber;
  • das Umhüllen und Verpacken von Lebensmitteln;
  • die Wärmebehandlung zur Verarbeitung bestimmter Lebensmittel;
  • die Schulung der in diesem Sektor tätigen Personen.

Allgemeine Hygieneanforderungen

„Lebensmittel dürfen nur so hergestellt, behandelt oder in Verkehr gebracht werden, dass sie bei der Beachtung der erforderlichen Sorgfalt der Gefahr einer nachteiligen Beeinflussung nicht ausgesetzt sind“

Die Einzelmaßnahmen der Lebensmittelhygiene reichen hierbei sehr weit und umfassen alle Vorkehrungen, die notwendig sind, um "Gefahren“ (für die einwandfreie Lebensmittel-Beschaffenheit) unter Kontrolle zu bringen und zu gewährleisten, dass ein Lebensmittel unter Berücksichtigung seines Verwendungs-zwecks für den menschlichen Verzehr tauglich ist. [gem. VO (EG) Nr. 852/2004].

Die Definition subsumiert alle Möglichkeiten der nachteiligen Veränderung von Lebensmitteln, u. a.

  • den Verderb durch Mikroorganismen, Kontamination und Wachstum von Krankheitserregern,
  • die Belastung mit chemischen oder biologischen Rückständen
  • sowie das Vorhandensein von Fremdkörpern in den Lebensmitteln.

Die Betriebe sind verpflichtet, eine angemessene, geeignete "Guten Hygienepraxis" einzuhalten. Sie haben spezifische Prozess-, Personal- und Produkthygiene-Maßnahmen zu ermitteln und einzuhalten sowie durch präventive Eigenkontrollmaßnahmen nach den anerkannten HACCP-Grundsätzen für die Abwehr aller nachteiligen Einflüsse und Minimierung potentieller Risiken zu sorgen.

Betriebseigene Maßnahmen und Kontrollen

Zur Gewährleistung der Lebensmittelsicherheit und Abwehr gesundheitlicher Gefahren sind angemessene Sicherungsmaßnahmen

  • festzulegen,
  • durchzuführen und
  • zu überprüfen

Hierzu muss eine Risikoanalyse und Risikobewertung durchgeführt werden

HACCP-Grundsätze (Kurzzusammenfassung)

  1. 1. Identifizierung der Risiken
  2. 2. Bestimmung der CCPs (Critical Control Points)
  3. 3. Festlegung von Grenzwerten
  4. 4. Festlegung von Verfahren zur Überwachung jedes CCPs
  5. 5. Festlegung von Maßnahmen bei Überschreiten der Grenzen
  6. 6. Festlegung von Maßnahmen zur Überprüfung des HACCP-Konzepts
  7. 7. Dokumentationsorganisation


1. Identifizierung der Risiken

  • physikalische Gefahren (Fremdkörper, wie z.B. Kunststofffolien)
  • biologische Gefahren (Mikroorganismen, wie z.B. Bakterien)
  • chemische Gefahren (Rückstände, wie z.B. Tenside im Reinigungsmittel)
    • Durchführung der Gefahrenanalyse anhand eines Fließdiagramms sowie Festlegung notwendiger Lenkungsmaßnahmen.
    • Identifizierung der möglichen Gefährdung(en) auf allen Stufen der Lebensmittelherstellung von der Erzeugung über die Behandlung, Verarbeitung und Verteilung bis zum Verbrauch.
    • Abschätzen der Wahrscheinlichkeit des Vorkommens der Gefährdung(en) und Festlegen der Vorbeugemaßnahmen zu ihrer Beherrschung.


2. Identifizierung und Festlegung der kritischen Punkte (Critical Control Points)

  • Bestimmung der/des kritischen Lenkungspunkten/s (Kontrollpunkte/s). Der kritische Lenkungspunkt (Kontrollpunkt) bezeichnet die Prozessstufe, an der die relevante Gefahr ausgeschaltet oder auf ein unbedenkliches Maß reduziert wird.
  • Bestimmen der Stellen, Behandlungs- und Prozessstufen, an denen die Gefährdung(en) drohen oder sich die Wahrscheinlichkeit ihres Vorkommens verringern lässt (CCP = kritische Lenkungspunkte).

Eine „Stufe“ ist jedes Stadium der Lebensmittelherstellung und/oder -bearbeitung einschließlich der Rohmaterialien, des Wareneingangs, der Herstellung, Gewinnung, Beförderung, Zusammenstellung, Behandlung, Lagerung usw.

Beispiel:

  • Wareneingangskontrolle (MHD, Schädlingsbefall, Verpackung usw.)
  • Reinigung/Desinfektion (Personalhygiene usw.)
  • Temperaturüberwachung (Produkttemperatur usw.)


3. Festlegung von Grenzwerten

Wird ein Grenzwert überschritten müssen Maßnahmen getroffen werden. Grenzwerte sind entweder durch gesetzliche Vorschriften vorgegeben oder entsprechen dem neusten Stand der Wissenschaft und Technik.

Beispiele für Grenzwerte:

  • Bei Erhitzungsprozessen ist die Kerntemperatur von 80 Grad mind. 3 Minuten
    Bei Erhitzungsprozessen ist die Kerntemperatur von 70 Grad mind.10 Minuten
  • Hackfleisch zur Verwendung als Mett
    Anlieferungstemperatur: 8°C
    Grenzwert: 4°C
    Maßnahme: Rückweisung der Ware


Die Grenzwerte stellen den maximal tolerierbaren Wert dar, der bei der Überwachung kritischer Lenkungspunkte nicht überschritten werden darf. Wird dieser Wert überschritten, sind sofort Korrekturmaßnahmen erforderlich. Für jeden identifizierten kritischen Punkt sind jetzt die Kriterien zu beschreiben, anhand derer man eine Risikogefährdung erkennen kann. Durch Auswahl geeigneter Parameter, wie z. B. Temperatur-/Zeitbedingungen (Kühltemperatur, Standzeiten, Lagerzeiten, Erhitzungszeiten etc.).



4. Festlegung von Verfahren zur Überwachung jedes CCPs

Einrichtung eines geregelten Überwachungssystems zur Durchführung der Überprüfungen.
Wer hat was, wie, wie oft und womit zu überprüfen?
Als Parameter für die Überwachung eignen sich am besten physikalische Messgrößen, wie z. B. Temperaturwerte oder ph-Werte. In jedem Fall ist festzulegen, wer wie häufig die Kontrolle durchzuführen hat und wie diese dokumentiert werden soll.



5. Festlegung von Maßnahmen bei Überschreiten der Grenzen

Was ist zu tun, wenn ein Grenzwert überschritten wird?

Die Korrekturmaßnahmen beschreiben die Maßnahmen, die zu ergreifen sind, wenn ein bestimmter CCP nicht mehr unter Kontrolle ist.

  • Die Zuständigkeit und Verantwortlichkeit muss klar definiert sein.
  • Korrekturmaßnahmen konzentrieren sich auf das Produkt.
  • Ist nach einer Grenzwertüberschreitung eine Nachbehandlung des Lebensmittels nicht möglich, so muss das Lebensmittel verworfen oder einer anderen Bestimmung zugeführt werden.


6. Festlegung von Maßnahmen zur Überprüfung des HACCP-Konzepts

Funktioniert das HACCP-System?
Sind die Maßnahmen, Verfahren, Verantwortlichkeiten noch auf dem neusten Stand?

  • Durch interne Überprüfungen ist sicherzustellen, das alle Verfahren und Rezepturen noch auf dem aktuellen Stand sind.
  • Es ist eine Kontrolle jeder Aufzeichnungen durchzuführen (z. B. Temperaturaufzeichnungen für CP und CCP)
  • Eine Prüfung der Aufzeichnungen für eingeleitete Korrekturmaßnahmen.
  • Laboruntersuchungen (Lebensmittel und Abklatschproben) dienen zur Überprüfung der Wirksamkeit des HACCP-Systems.
  • Das Einrichten von Bestätigungsverfahren mit ergänzenden Prüfungen oder Maßnahmen stellt sicher, dass das HACCP-System einwandfrei funktioniert.


7. Dokumentationsorganisation

Die HACCP Dokumentation ist in zwei Teile aufgegliedert:

  1. 1. Ausarbeitung und Aufbau des HACCP-Konzepts (Fließdiagramme, Kennzeichnung, Gefahrenanalyse, CCPs)
  2. 2. Dokumentation und Aufzeichnungen
    (Temperaturlisten, Zeitangaben, Einleitung von Korrekturmaßnahmen sowie weitere Unterlagen, wie Anweisungen zur Personal- und Betriebshygiene, Reinigungspläne und weitere Prüfpläne)

Art und Umfang der Dokumentation ist keinem Unternehmen vorgegeben. Hierüber ist selbst zu entscheiden und insbesondere die Frage zu stellen, ob und wie das Unternehmen zur eigenen Sicherheit und zur Transparenz nach Außen das Getane nachvollziehbar machen möchte. Diejenigen Dokumente, die jedoch aus dem HACCP-Konzept resultieren, sind so aufzubewahren, dass sie an der richtigen Stelle - wenn sie dann gebraucht werden - verfügbar sind.

Die in Ratgebern und Leitfäden zum Thema HACCP veröffentlichten Dokumentationen und Checklisten sollten als Praxisbeispiele verstanden werden, die Hinweise und Anregungen für die Umsetzung im eigenen Betrieb geben.



Welche Bausteine muss ein Hygiene-Konzept auf jeden Fall enthalten?

(Quelle: Allgemeine Hotel- und Gaststätten-Zeitung)
Ein Hygiene-Konzept für einen Gastronomie-Betrieb nach den Hygienevorschriften hängt von der Größe und Art des Betriebes ab. Folgende sechs Maßnahmen sollte es aber auf jeden Fall enthalten:

Wareneingangskontrolle

Die Prüfung jeder angelieferten oder eingekauften Ware auf Zustand, Mindesthaltbarkeitsdatum und Temperatur sowie die Dokumentation der Ergebnisse der Prüfung.

Temperaturüberwachung

Die Festlegung von Grenzwerten: Obere Temperaturgrenzwerte bei Kühlung und Gefrieren; untere Grenzwerte und Erhitzungszeit beim Garen und Warmhalten. Dazu gehören mindestens einmal täglich die Kontrolle der Kühl- und Gefriertemperatur sowie Stichprobenkontrollen der Temperaturen beim Erhitzen und Warmhalten. Die Nichteinhaltung der Grenzen muss unbedingt dokumentiert werden.

Reinigung und Desinfektionsplan

Die Festlegung von Reinigungs- und Desinfektionsintervallen für alle Betriebsräume und Arbeitsgeräte in einem Plan, der Auskunft darüber gibt, was wie oft womit und wie gereinigt wird.

Schädlingsbekämpfung

Die regelmäßige Kontrolle der Räume auf Schädlingsbefall, die Dokumentation dieser regelmäßigen Kontrollen sowie der Bekämpfungsmaßnahmen bei Befall.

Personalschulung

Mindestes einmal jährlich eine Schulung aller Mitarbeiter, die mit Lebensmitteln umgehen sowie die Dokumentation dieser Schulung (Datum, schulende Personen, Teilnehmer, Themen).

Rückverfolgbarkeit

Einrichtung eines Systems zur Feststellung der Lieferanten der im Betrieb verwendeten Lebensmittel.